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Levi Krongold

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*Sternchentheater (von Levi Krongold)

Ich gebe zu, dass ich eine Zeitlang irritiert war über die neue Mode, bestimmte Worte mit *innen zu verzieren. Ich hielt es zuerst für eine Marotte streitsüchtiger und vorlauter Feministinnen, die sich in neurotischer Selbstzerfleischung glauben chronisch benachteiligt fühlen zu müssen.

Ja, ich verstieg mich sogar zu der Vermutung, das Folgsame: »Wir werden uns schon daran gewöhnen, wir wollen ja niemandem wehtun«, der Neigung des Deutschen zu devoter und vorauseilender Selbstentwürdigung zuzuschreiben. Doch vielleicht liege ich hier falsch.
Der Deutsche liebt zwar die Obrigkeit von jeher. Er ist sozusagen von Natur aus verbeamtet, auch wenn er nicht mit großzügigen Pensionen beglückt wird. Und was die Obrigkeit will, das wir wissen, denken und fühlen erfährt er aus den Medien und von den Medienschaffenden, die wiederum eine ganz eigene Spezies darstellen. Der Deutsche liebt die Staatsräson, deren Kehrseite das Duckmäusertum ist, dafür zieht er sogar ohne Zögern in den Krieg.
Doch halt! Enthalten diese Sätze nicht eine ungeheure Diffamierung des weiblichen Geschlechts? Der Deutsche ist eindeutig Maskulin. Was ist das für eine Benachteiligung des weiblichen Geschlechts, in diesem Zusammenhang nicht auch Erwähnung zu finden? Es müsste wohl heißen: Der Deutsche und die Deutsche sind Duckmäuser*innen und Anpassler*innen. Wer wollte Frauen denn das Recht absprechen können, nicht deutsch denken und handeln zu können?

Oder nehmen wir folgenden Satz: »Herrschaften, ich bitte um political correctness im Umgang mit unserer Sprache. Nehmen Sie auch Rücksicht auf alle Neurotiker!«

Wie kann man die Diffamierung, die soziale Minderwertigkeit von Frauen schlimmer darstellen, als mit dem Wort »Herrschaften«? Richtiger müsste es heißen: »Damenschaften und Herrschaften«, oder »Herrschaften und Damenschaften«, um nicht bereits in der Erwähnung des weiblichen Geschlechts vor dem Männlichen, wie bei »Damen und Herren« eine Diffamierung der letzteren sehen zu müssen. Und der Satz »Nehmen Sie Rücksicht auf alle Neurotiker« müsste selbstverständlich lauten »Nehmen Sie Rücksicht auf alle Neurotiker*innen.« Denn auch Frauen genießen das Privileg, zu diesen gehören zu dürfen.

Allerdings enthält die deutsche Sprache bei näherer Betrachtung weitere Fallstricke. Zum Beispiel, »der Mensch.« Das ist eindeutig eine maskuline Bezeichnung wie das englische »mankind«, Menschheit, oder das Wörtchen »man« welches eindeutig von »Mann« abgeleitet ist. Sind Frauen nicht auch Menschen oder sind sie eher Menschinnen? Überhaupt steckt bereits in der Vorsilbe »der« oder »die« eine Provokation ersten Ranges. Wer gibt dem Deutschen oder der Deutschin das Recht, die Sonne als weiblich zu bezeichnen und den Mond als männlich? Der Baum, die Hecke, die Straße, der Schuhkarton. Insbesondere letzterer müsste gewohnheitsmäßig bereits im alltäglichen Sprachgebrauch »Die Schuhkarton« heißen.

Ich weiß nicht, wie sich die Sprachwissenschaften zu diesem Problem stellen. Dort wird ja derzeit mit Hochdruck gegendert. Aber, müsste man der Geschlechtergerechtigkeit wegen nicht einen völligen Umbau der Deutschen Sprache vornehmen, anstatt sich mit Halbheiten wie *innen zu begnügen? Wie wäre es, den bestimmen Artikel völlig zu streichen und statt »der, die, das« einfach den englischen Sprachgebrauch verwenden. Die Engländer sind da bereits wesentlich fortschrittlicher als wir. Aus »der, die, das« würde eine »de«.
De Baum, de Straße, de Hund, de Duckmäuser, de Radfahrer und so weiter.

Man/frau könnten nun einwenden, frau/man habe im Moment wichtigere Themen zu bearbeiten, wie zum Beispiel das Toilettenproblem. Es ist für den gesellschaftlichen und kulturellen Zusammenhalt derzeit viel wichtiger, sich mit dem Toilettenproblem auseinander zu setzen, um auch Frauen zu ermöglichen, in Nosex - Toiletten einen kurzen Seitenblick auf das urinierende männliche Geschlechtsorgan werfen zu können und im Gegenzug Männern den intimen Blick auf weibliche Sanitärgewohnheiten zu ermöglichen, um endlich die Frage beantworten zu können, was Frauen immer so endlos lange auf den Sanitäreinrichtungen zu schaffen macht, oder Menschen, die sich weder für das eine noch das andere Geschlecht entscheiden können und mit dieser Frage verständlicherweise die öffentlichen Themensetzung dominieren, ein gendergerechtes Abkacken zu ermöglichen.

Oder der Frage nachzugehen, wie es die paar Millionen Deutschen und Deutschinnen den restlichen Milliarden endlich beibringen können, wieder auf das Fahrrad umzusteigen, um das Klima zu retten.

Da sollten doch *innen.. Fragen nebensächlich sein.

(c) Levi Krongold